Mit Verve und Ungeduld führt die Kanzlerin im letzten Jahr ihrer Regierungszeit ihr wohl heikelstes Gefecht. Ihr politischer Gegner: COVID 19. Ihre Mission: Deutschland mit noch überschaubarer Schadensbilanz durch die Krise zu führen. Dabei verlangt Angela Merkel uns allen viel ab und wird nicht müde, an unsere Solidarität mit den Alten zu appellieren, jenen Menschen, unter denen dieses altersdiskriminierende Virus besonders wütet. All das ist richtig, weil es Leben schütz und Leiden vermeidet. Und doch handelt die Kanzlerin nur halbherzig. Erst spät hat die Regierung im Frühjahr Familien überhaupt in den Blick genommen. Bis heute sind die Hilfen für Eltern karg bemessen. Dabei sind es in der Lebenspraxis die Familien, die die Hauptlast dieser Krise zu tragen haben.
Eltern sollen nicht nur gute Eltern, sondern auch gute „Corona-Eltern“ sein, also zusätzlich auch versiert im Umgang mit Lockdown, Quarantäne, Hausunterricht, Homeoffice und verlängerten Weihnachtsferien. Wer in unserer Zeit ganz zu Recht die Solidarität mit den bedrohten Alten fordert, der sollte von der gebotenen Solidarität mit den hochbelasteten Eltern nicht schweigen können. Das Schweigen der Kanzlerin hierzu – es ist inzwischen unüberhörbar. Ein verbindliches Homeoffice-Gesetz hat die Kanzlerin jüngst verhindert. Es hätte das Leben von Familien etwas erleichtern können. Merkel aber wollte die Wirtschaft nicht regulieren. Hätten die Bundesländer nicht energisch interveniert, wären heute auf Merkels Initiative Schulen und Kitas abermals geschlossen. Eine ausgeprägte Ader für die Anliegen von Familien hatte die Kanzlerin nie. Dass diese Blindheit, die ein Jens Spahn nicht hat, in ihrem letzten Gefecht so überdeutlich zu Tage treten würde, lässt einen staunend zurück. Das Familientrauma des Lockdowns im Pandemie-Frühjahr 2020 wirkt bis heute. Es legt sich wie ein mächtiger Schatten über das Ende ihrer Kanzlerschaft.
Ulrich Hoffmann, Präsident des Familienbundes der Katholiken