Die kommissarische SPD-Chefin Malu Dreyer hat ein Konzept für eine neue Kindergrundsicherung vorgestellt, das die Sozialdemokraten auf ihrem Bundesparteitag im Dezember beschließen wollen. "Wir wollen eine existenzsichernde Geldleistung anbieten, die alle bisherigen Familienleistungen zusammenfasst", sagte sie den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Mittwoch): "Sie soll gestaffelt sein nach Einkommenssituation der Eltern. Je ärmer die Familie ist, desto höher wird die Geldleistung sein." Der monatliche Basisbetrag liege bei 250 Euro, der Höchstbetrag zwischen 400 und 478 Euro, gestaffelt nach dem Alter der Kinder. Die SPD will laut Dreyers Angaben auch ein "Teilhabekonto" in Form einer Kinderkarte mit monatlich 30 Euro einführen. Damit hätten Kinder die Möglichkeit, "in den Sportverein, die Musikschule oder ins Schwimmbad zu gehen - unabhängig vom Geldbeutel der Eltern". Außerdem solle es in ganz Deutschland beitragsfreie Kitas, kostenlose Ganztagsangebote für Schulkinder und freie Fahrt mit Bus und Bahn im Nahverkehr für alle Kinder geben. Die Kosten bezifferte Dreyer auf elf Milliarden Euro. Zur Finanzierung sagte sie: "Dafür muss Geld da sein, dafür wird Geld da sein." In einem reichen Land wie Deutschland könne es nicht sein, dass so viele Kinder in Kinderarmut seien. "Das nehmen wir uns genauso fest vor wie den Mindestlohn und die Grundrente in der Vergangenheit", kündigte die Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz an. Allerdings, so Dreyer weiter, habe sie wenig Hoffnung, dass sich das Konzept in der großen Koalition umsetzen lasse. Die SPD stelle sich aber programmatisch neu auf und werde für eine Kindergrundsicherung "kämpfen in jeder neuen Koalition."
Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) will noch in diesem Jahr einen Gesetzentwurf zur Verankerung von Kinderrechten im Grundgesetz vorlegen. Das kündigte sie zum Internationalen Tag der Kinderrechte am Mittwoch auf NDR Info an. 30 Jahre nach Verabschiedung der UN-Kinderrechtskonvention sei es nötig, die Ziele endlich auch in Deutschland umzusetzen. Kinder hätten besondere Rechte, auf die besonders geachtet werden müsse, so Lambrecht weiter. Sie sollten in den Mittelpunkt staatlichen Handelns rücken. Die Ministerin wehrte sich zugleich gegen Vorbehalte aus der Union, wonach Kinder bereits durch die allgemeinen Menschenrechte genügend Schutz erhalten. Im Koalitionsvertrag hätten CDU, CSU und SPD einen Gesetzentwurf vereinbart: "Diesem Auftrag fühle ich mich verpflichtet. Deshalb wird es einen Vorschlag geben bis Ende des Jahres." Sowohl im Bundestag als auch im Bundesrat sind für Grundgesetz-Änderungen Zwei-DrittelMehrheiten notwendig. Die SPD-Politikerin wies zudem Befürchtungen der FDP zurück, die Kinderrechte im Grundgesetz könnten Elternrechte schwächen: "Es geht nicht darum, Elternrechte einzuschränken. Es geht darum, in der Werteordnung etwas zum Ausdruck zu bringen, was uns wichtig ist und staatliches Handeln an diesen besonderen Wert zu binden." Kinder bekämen eine besondere Stellung und müssten künftig entsprechend gehört werden, wenn es um ihre Belange gehe. Eine Bund-Länder-Kommission hat drei Formulierungsempfehlungen erarbeitet. In einer Variante soll das Kindeswohl "angemessen" berücksichtigt werden, in einer zweiten "wesentlich" und in der dritten "vorrangig". Variante drei gilt in Regierungskreisen als Favorit. Die Grünen schlagen den Begriff "maßgeblich" vor. Im Vorfeld des 30. Jahrestags der UN-Kinderrechtskonvention am Mittwoch fordern mehrere Organisationen und Politiker die Festschreibung von Kinderrechten im Grundgesetz und die Verbesserung der Situation geflüchteter Kinder. "Wir wollen Deutschland zu einem noch kinderfreundlicheren Land machen", sagte Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD). "Die Grundprinzipien der UN-Kinderrechtskonvention müssen uneingeschränkt ins Grundgesetz aufgenommen werden", forderte Claudia Kittel vom Deutschen Institut für Menschenrechte. Die Diakonie Deutschland forderte, Kinderrechte auch in der Rückkehrpolitik zu beachten. Ankereinrichtungen für Geflüchtete seien jedoch keine "angemessenen und sicheren Orte für Kinder". Die Bedürfnisse und Rechte von Kindern würden hier "wissentlich missachtet". Auch der Deutsche Caritasverband appellierte, die Lebensbedingungen von Kindern aus Flüchtlingsfamilien zu verbessern. Diese verstießen bisweilen "vielfach gegen Kinderrechte". Der katholische Verband forderte deswegen unter anderem, in Flüchtlingsunterkünften Rückzugsorte für Mütter mit Babys einzurichten und sowohl die gesundheitliche Versorgung als auch den Zugang zu Bildung zu verbessern. (Familienbund der Katholiken/Sascha Nicolai/KNA)