Die SPD hat auf ihrem Parteitag am Wochenende einstimmig ein neues Konzept für einen reformierten Sozialstaat verabschiedet. Damit wolle die Partei Hartz IV hinter sich lassen, erklärte die bisherige kommissarische Vorsitzende Malu Dreyer am Samstag auf dem Parteitag in Berlin. Die SPD will sich damit für die Einführung eines Bürgergelds einsetzen, das Hartz IV ersetzen soll. Dieses Bürgergeld soll Empfänger unter anderem weniger hart sanktionieren. Zudem beschlossen die Delegierten die Wiedereinführung einer Vermögenssteuer. Der Parteitag ging am Sonntag zu Ende. Das neue Sozialstaatskonzept der Partei sieht auch eine Erhöhung des Mindestlohns auf mindestens zwölf Euro vor. Tarifgebundene Unternehmen sollen steuerlich bessergestellt werden. Die Reformen beinhalten weiter die Einführung einer Kindergrundsicherung, die familienpolitische Leistungen bündeln und sozial benachteiligte Familien stärker unterstützen soll. Demnach soll jedes Kind 250 Euro pro Monat erhalten. Zusätzlich soll es einen Zusatzbeitrag geben für Eltern mit geringen Einkommen geben. Langfristig soll damit nach Angaben der Partei die Kinderarmut bekämpft werden. Zudem soll es nach dem Willen der SPD Reformen bei der Pflege geben. Pflegekräfte sollen besser bezahlt, die Bürger bei den Kosten für die Pflege entlastet werden. Weiter will sich die SPD für die Einführung einer Pflegevollversicherung einsetzen; dabei sollen die private und gesetzliche Pflege zusammengeführt werden. Der Prozess für das neue Sozialstaatskonzept war noch von der früheren SPD-Vorsitzenden Andrea Nahles in Gang gebracht worden. Die Finanzierung der Reformen wurde in der Debatte weitgehend ausgeklammert. Bereits am Freitag hatten die Delegierten Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans als neue Parteispitze bestätigt und sich für neue Gespräche in der Koalition ausgesprochen. Dabei solle es etwa um mehr Reformen beim Klimaschutz, Digitalisierung und Infrastruktur gehen. Weiter beschloss der Parteitag mit großer Mehrheit ein Konzept, das eine Besteuerung ab einem Nettovermögen von zwei Millionen Euro vorsieht. Der Steuersatz soll demnach bis zu zwei Prozent betragen. Freibeträge von zwei Millionen Euro für Alleinstehende und vier Millionen Euro für Verheiratete sollten sicherstellen, dass die Steuerbelastung auf "besonders reiche Teile der Bevölkerung konzentriert" werde. Die sogenannte Vermögenssteuer war Mitte der 1990er Jahre abgeschafft worden. Die Partei betont in ihrem Beschluss zugleich, dass sie nicht mit einer schnellen Umsetzung rechne.
CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer will sämtliche Leistungen für Familien überprüfen lassen. "Es gibt auf Bundesebene 150 familienpolitische Einzelleistungen mit einem Volumen von mehr als 200 Milliarden Euro. Trotzdem wächst fast jedes fünfte Kind in Armut auf", sagte sie der "Bild am Sonntag". Deshalb wolle sie all diese Leistungen unter dem Aspekt auf den Prüfstand stellen: "Kommt das Geld dort an, wo es gebraucht wird?", so die Parteichefin. "Leistungen, die den Kindern nicht spürbar dienen, müssen überarbeitet werden." Außerdem sprach sich Kramp-Karrenbauer dafür aus, Kinderrechte ins Grundgesetz aufzunehmen: "Das setzt ein klares Signal. Im Übrigen komme ich aus einem Bundesland, in dem Kinderrechte in der Landesverfassung stehen", sagte die Saarländerin. Weiter kritisierte die CDU-Politikerin, der Vorschlag des Koalitionspartners SPD für eine Grundsicherung für Kinder berge "die Gefahr, dass Eltern aus der Mittelschicht doppelt bestraft werden: Einerseits müssen sie die Grundsicherung mit ihren Steuergeldern finanzieren, andererseits profitieren ihre Kinder kaum davon." (Familienbund der Katholiken/Sascha Nicolai/KNA)