Die Milliardenkosten für den Ausbau der Ganztagsbetreuung in der Grundschule finanzieren sich einer Studie zufolge zu einem nennenswerten Teil selbst. Grund sind höhere Einnahmen an Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen von arbeitenden Eltern sowie geringere Ausgaben für Sozialleistungen, wie aus einer am Montag in Berlin veröffentlichten Untersuchung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) im Auftrag des Bundesfamilienministeriums hervorgeht. Demnach finanziert sich der Ausbau zu einem Anteil zwischen 30 und 90 Prozent selbst. Der Wert schwankt etwa durch die Höhe der geschätzten Kosten sowie die angenommene Steigerung der Erwerbsquote von Müttern. Die Gutachter des DIW gehen davon aus, dass die Erwerbsquote von Müttern um zwei bis sechs Prozentpunkte zunimmt, wenn es mehr Ganztagsangebote für Grundschulkinder gibt. Die Mehreinnahmen für die öffentlichen Haushalte liegen nach den Berechnungen zwischen einer und zwei Milliarden Euro im Jahr. Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) sagte, die Ergebnisse der Studie seien ein zusätzliches volkswirtschaftliches Argument für den Ausbau. Die Hauptargumente seien aber weiterhin eine höhere Chancengleichheit für Kinder, die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf, die Gleichstellung von Frauen und der Fachkräftemangel. Der Bund will bis 2025 einen Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung einführen. Statt wie heute etwa 50 Prozent, könnten dann bundesweit 75 Prozent der Grundschulkinder in den Klassen 1 bis 4 das Angebot nutzen. Giffey rechnet mit rund einer Million zusätzlichen Plätzen, wobei der Bedarf je nach Bundesland sehr unterschiedlich ausfällt. Die Investitionskosten für den nötigen Ausbau der Plätze liegen nach Berechnungen des Deutschen Jugendinstituts zwischen 4,4 und 6,5 Milliarden Euro. Jährlich kämen zudem Betriebskosten zwischen 2,6 und 3,9 Milliarden Euro hinzu. In einem ersten Schritt stellt der Bund zwei Milliarden Euro für die Infrastruktur zur Verfügung. Die für Bildung zuständigen Kultusminister der Länder fordern indes mehr Mittel des Bundes. "Der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung wird einen Schub für die Ganztagsgrundschulen geben und das ist wichtig", sagte die Präsidentin der Kultusministerkonferenz, Stefanie Hubig (SPD), dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (Dienstag). "Bildung ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, deshalb sehen wir den Bund hier mit in der Pflicht." Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) warf Bund und Ländern vor, den geplanten Ausbau nicht ausreichend mit pädagogischem Personal zu unterfüttern. "Einen Beitrag zu mehr Chancengleichheit können Ganztagsangebote nur dann leisten, wenn die pädagogische Qualität einen hohen Stellenwert hat", sagte GEW-Vorstandsmitglied Ilka Hoffmann dem RedaktionsNetzwerk Deutschland. Auch Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) sagte, damit Schüler vom Rechtsanspruch profitierten, müsse die Qualität der Angebote stimmen.
Die Bundesregierung lässt demografische Trends bei Familien in Deutschland untersuchen. Dazu wollen das Bundesinnenministerium (BMI) und das Bundesbildungsministerium (BMBF) in einer Studie erfassen lassen, wie sich familiäre Beziehungen, Familienformen und Beweggründe für einen Kinderwunsch entwickeln, wie das Innenministerium am Montag in Berlin mitteilte. "Wir wollen zielgenaue politische Maßnahmen entwickeln und Familien bei ihren Aufgaben unterstützen", sagte Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU). Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) erklärte: "Dabei muss in den Untersuchungen auch die internationale Vergleichbarkeit gewährleistet sein, damit Staaten auch voneinander lernen können." Für die Studie "FReDA - Das familiendemografische Panel" sollen das Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB), das Leibniz-Institut für Sozialwissenschaften und die Universität Köln zusammenarbeiten. Die Forscher wollen dabei jährlich in einer repräsentativen Umfrage erheben, wie sich die Einstellungen 18- bis 49-jähriger Frauen und Männer zum Thema Familie wandeln. Die Untersuchung erfolge sowohl mit Online-Methoden als auch mit klassischen Befragungen. Gefördert werde der Ausbau "familiendemografischer Dateninfrastruktur" gemeinsam von beiden Ministerien, hieß es. Das BMBF stelle bis 2024 insgesamt 12,5 Millionen Euro zur Verfügung. Bei einem positiven Fazit finanziere es das BMI weiter. (Familienbund der Katholiken/Sascha Nicolai/KNA)