Knapp jeder Sechste (15,8 Prozent) hat 2018 in Deutschland unterhalb der Armutsrisikoschwelle gelebt. Das war im Vorjahresvergleich ein leichter Rückgang um 1,5 Prozentpunkte, aber bleibt ein deutlich höheres Niveau als in den 1990er-Jahren. Dies geht am Mittwoch aus dem Datenreport 2021 hervor, einer gemeinsamen Veröffentlichung des Statistischen Bundesamts, des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung, des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung in Zusammenarbeit mit dem Sozio-ökonomischen Panel (SOEP) und der Bundeszentrale für politische Bildung.
Die Armutsrisikoschwelle, die bei 60 Prozent des mittleren Pro-Kopf-Einkommens liegt, betrug im Referenzzeitraum 1.040 Euro im Monat für einen Ein-Personen-Haushalt. Bei einem Ein-Elternhaushalt mit einem Kind unter 14 Jahre lag sie bei rund 1.352 Euro.
Dabei kommen die Sozialforscher zu dem Ergebnis, dass, wer einmal unter die Armutsrisikoschwelle rutscht, dort länger bleibt. Von den Personen, die 2018 unter die Armutsrisikoschwelle fielen, waren 88 Prozent in den vier Jahren zuvor zumindest einmal von Armut bedroht. 44 Prozent befanden sich in diesem Zeitraum vier Jahre durchgehend in diesem niedrigen Einkommenssegment. Das Risiko, in Armut zu leben, ist demnach besonders hoch für Alleinerziehende (41 Prozent), Menschen mit Hauptschulabschluss und ohne Berufsabschluss (35 Prozent) sowie Menschen mit Migrationshintergrund (29 Prozent).
Die Corona-Pandemie drohe die finanzielle Lage benachteiligter Gruppen zu verschärfen: Auch wenn höhere Einkommensgruppen im ersten Lockdown häufiger Einkommenseinbußen hatten, kämpften neben Selbstständigen besonders Menschen mit niedrigen Einkommen, Geringqualifizierte und Alleinerziehende stärker mit finanziellen Schwierigkeiten, da sie unter anderem seltener von Hilfen profitierten.
Auch im Bildungsbereich haben sich bestehende Ungleichheiten laut den Wissenschaftlern in der Pandemie verstärkt. Weiterhin hängen Chancen stark von der sozialen Herkunft ab. So haben zwei von drei Kindern an Gymnasien Eltern, die selbst Abitur haben, während die Mehrheit der Eltern der Hauptschüler ebenfalls einen Hauptschulabschluss oder gar keinen Abschluss besitzen. Die durch die Pandemie notwendige digitale Ausstattung der Familien hänge ebenfalls stark vom Einkommen der Eltern ab. So gibt es bei Familien mit höherem Einkommen im Schnitt vier PCs im Haushalt und bei Familien mit niedrigerem Einkommen nur zwei PCs. (KNA)