Podiumsdiskussion des Familienbundes der Katholiken in Ludwigshafen mit Gästen aus Politik und Kirche | Konzept „Pesch-Siedlung“ als Vorbild für gelingende städtebauliche Maßnahme mit seelsorglich- sozialem Ansatz | Siedlungswerk im Bistum Speyer stellt seine Bemühungen um Schaffung familienfreundlichen Wohnraums an Beispiel Priesterseminar und Bistumshaus St. Josef in Speyer vor.
(Speyer/Ludwigshafen, 30.10.18) Am 29.10.18 diskutierten im Heinrich-Pesch-Haus in Ludwigshafen Verantwortliche aus Politik, Kirche und Verbänden Ideen und Konzepte zum familienfreundlichen Wohnen. Zur Veranstaltung hatte der Familienbund der Katholiken im Bistum Speyer eingeladen. Dessen Vorsitzender Manfred Gräf machte in seiner Einführung deutlich, dass Wohnen in den vergangenen Jahren nicht nur teurer, sondern zu einem zentralen sozialen Problem in Deutschland geworden sei. Familien, aber auch Studenten oder ältere Menschen hätten zunehmend Probleme bezahlbaren Wohnraum zu finden. Sascha Nicolai, Familienbund Berlin, ergänzte mit Blick auf das Positionspapiers des Familienbundes auf Bundesebene die ethische Komponente in der Debatte um bezahlbaren Wohnraum: „Wohnen ist ein soziales Recht. Wir können uns Menschenwürde nur vorstellen, wenn wir das Wohnen mitdenken.“ Konkrete Beispiele für einen interdisziplinären Zugang zu Bauprojekten brachten Ulrike Gentner, stellvertretende Leitung des Heinrich-Pesch-Hauses, und Benjamin Schmitt, Abteilung Liegenschaften im Bischöflichen Ordinariat, in die Diskussion ein. Gentner stellte die Idee der „Pesch-Siedlung vor“: Auf dem Gelände des Heinrich-Pesch-Hauses planen Jesuiten und die Gesamtkirchengemeinde Ludwigshafen ein Quartier, das nicht nur Wohnraum, sondern auch Begegnungsraum werden soll. Seelsorgliche Anliegen und soziale Stabilität seien von Beginn der Planungen an mitgedacht worden. So sollen auf rund 100.000 Quadratmetern rund 550 Wohneinheiten entstehen, die Lebensort für 1.500 Menschen werden sollen. Auch eine Kita soll hier ihren Standort haben. Für Familien und Kinder seien Orte der Begegnung angedacht: Höfe und Grünflächen ebenso wie ein zentraler Begegnungsraum und Kleingewerbe. Dafür arbeiteten die Verantwortlichen im Heinrich-Pesch-Haus Hand in Hand mit der Stadt Ludwigshafen. Deren Oberbürgermeisterin Jutta Steinruck machte deutlich, dass Kommunen gerade die Zusammenarbeit mit kirchlichen Organisationen schätzen. Eine Stadt wie Ludwigshafen sehe deutlich Handlungsbedarf bei der Schaffung bezahlbaren Wohnraums: „Wir haben die Entwicklungen auf dem Wohnungsmarkt so nicht kommen sehen“. Die Stadt habe nur begrenzte Flächen zur Verfügung und sei auf private Investoren angewiesen, um mehr Wohnraum anbieten zu können. Dabei seien soziale Faktoren von entscheidender Bedeutung: „Wir müssen schauen, dass wir für alle Familiengrößen Wohnraum anbieten können.“ Zum Konzept der kommunalen Wohnungsbaugesellschaft GAG gehörten neben Neubauvorhaben auch die Sanierung von Bestandsgebäuden, um durch sinkende Nebenkosten ein günstigeres Wohnen zu ermöglichen. Die Heinrich-Pesch-Siedlung lobte Steinruck als vorbildhaftes Projekt, insbesondere im Hinblick auf nachhaltige Ausrichtung und angedachte Initiativen für sozialen Zusammenhalt.
Schmitt betonte die soziale Verantwortung von Kirchen im Hinblick auf den Umgang mit Gebäuden. Er zitierte den Satzungszweck des Gemeinnützigen Siedlungswerkes, der seit der Nachkriegszeit unverändert sei. Demnach sei es Ziel des Siedlungswerkes, „breite Schichten der Bevölkerung mit Wohnraum zu versorgen.“ Der Zugang zu Wohnraum gerade für Familien sei auch ein seelsorglicher Auftrag von Kirche. Deshalb habe man bei der Vergabe von Reihenhäusern auf dem Gelände des Priesterseminars in Speyer ein Punktesystem genutzt. Für die 16 Reihenhäuser hätten mehr als 200 Bewerbungen vorgelegen. Das Beurteilungssystem habe dazu geführt, dass dort künftig Familien und damit mehr als 40 Kinder leben würden. Aus dem schwierigen Vergabeprozess um das Bistumshaus St. Ludwig in Speyer habe man als Bistum gelernt. Das Bistumshaus St. Josef - bis 2017 zentraler Sitz des Caritasverbandes- werde nun durch das Siedlungswerk in dringend benötigten bezahlbaren Wohnraum umgewandelt.
Nicolai ergänzte mit dem Blick auf seine Heimatstadt Berlin, dass Wohnraum in Zeiten sinkender Zinsen auch deshalb unbezahlbar werde, weil er profitables Spekulationsobjekt geworden sei. Er machte deutlich, dass Baukindergeld oder Mietpreisbremse keine geeigneten Mittel seien, um tatsächlich politisch Einfluss auf die Schaffung günstigen Wohnraums zu nehmen. Nicolai verwies auf die Möglichkeit des Erbbaurechts, dass gerade für Kirchen ein gutes Mittel sei, um den Erwerb von Wohneigentum durch Familien zu unterstützen.
Der Abend wurde von Felix Goldinger, Geistlicher Beirat des Familienbundes Speyer, moderiert. Er beschloss die Runde mit dem Hinweis darauf, dass das Podium keine Antwort auf die Frage gegeben habe wie bezahlbarer Wohnraum in kurzer Zeit geschaffen werden könne. Die Diskussion habe aber gezeigt, dass ein gemeinsames Arbeiten verschiedener Akteure aus Kirche, Politik und Gesellschaft kreative Ideen ermöglichen könne. Daran werde auch der Familienbund weiter arbeiten.