Der Deutsche Caritasverband hält der Ampelkoalition Untätigkeit bei sozialen Reformvorhaben vor. Der Regierung fehle es an Gestaltungswillen, beklagte Caritas-Präsidentin Eva Maria Welskop-Deffaa am Sonntag in Berlin. "Um die Ankündigungen des Koalitionsvertrages einzulösen, allen Menschen unabhängig von ihrer Herkunft beste Lebenschancen zu bieten, muss die Bundesregierung Geld in die Hand nehmen", forderte Welskop-Deffaa.
Einen Reformstau sieht der Caritasverband vor allem in den Bereichen Pflege, Kindergrundsicherung, energetische Sanierung von sozialen Wohnungen und soziale Absicherung für kleine Selbstständige. Kinder und Jugendliche aus Familien mit niedrigen Einkommen hätten schlechte Bildungs- und Teilhabechancen; viele Pflegebedürftige erhielten nicht die Pflege, die sie brauchten, oder trügen dafür horrende Kosten; Menschen in sozialen Berufen arbeiteten am Limit; arme Haushalte ächzten unter steigenden Energiekosten.
Die jüngsten Verabredungen im Koalitionsausschuss nährten die Sorge, "dass das Soziale für die Bundesregierung keine Priorität hat". Der Verband mahnte unter anderem Finanzzusagen für Familienleistungen an, "die das Existenzminimum aller Kinder verlässlich absichern".
Derzeit gibt es vor allem Debatten um die Kindergrundsicherung, die aus Sicht von Vertretern aus Verbänden und den Kirchen ein wichtiges Instrument im Kampf gegen Kinderarmut ist. Die Grundsicherung soll das bisherige Kindergeld ablösen und sieht Vereinfachungen für Familien bei der Beantragung und der Art der Leistungen vor. In der Ampelkoalition wird allerdings heftig darüber gestritten, wie teuer die Reform sein darf.
Bundesfinanzminister Christian Lindner bekräftigte in der "Bild am Sonntag" seinen Kurs. Für Familien mit Kindern sei bereits viel passiert, betonte der FDP-Politiker und verwies auf die Erhöhung des Kindergelds. "Insgesamt stellen wir für Familien und Kinder sieben Milliarden Euro pro Jahr mehr zur Verfügung. Das Wesentliche für die Kindergrundsicherung ist damit finanziell getan." (KNA)