Zwei von drei Kindern in Europa sind Schätzungen zufolge Opfer sexueller Belästigung im Internet geworden. Das ist das Ergebnis einer europäischen Studie, die das Unternehmen Economist Impact im Auftrag der globalen Allianz "WeProtect" durchgeführt hat und die am Montag in Berlin vorgestellt wurde. In Deutschland hatten demnach drei von vier Volljährigen in ihrer Kindheit mindestens eine Art von sexueller Gewalt erlebt.
Zwei Drittel der Befragten in Deutschland gaben an, schon einmal online zu explizit sexuellen Handlungen aufgefordert worden zu sein. In den anderen untersuchten Ländern waren dies mit etwas mehr als der Hälfte weniger. Weitere in der Studie untersuchte Formen von Übergriffen und sexueller Gewalt gegen Minderjährige waren der Erhalt oder das ungewollte Verteilen sexuell expliziter Inhalte durch Erwachsene und die Aufforderung, die Geschehnisse geheim zu halten. Sieben von zehn Befragten gaben an, einen vertrauenswürdigen Erwachsenen zu kennen, an den sie sich mit ihren Sorgen und Fragen zu diesem Thema wenden könnten.
Mädchen sind der Studie zufolge mit 79 Prozent deutlich häufiger betroffen als Jungen, bei denen etwas mehr als die Hälfte solche Gewalterfahrungen gemacht hatten. Außerdem sind Angehörige ethnischer Minderheiten und queere Personen häufiger von sexuellen Übergriffen im Internet betroffen als andere. Mit dem englischen Wort queer bezeichnen sich Menschen, die nicht heterosexuell sind oder deren geschlechtliche Identität nicht mit gesellschaftlichen Rollenbildern übereinstimmt. Unter ihnen sind Personen mit gleichgeschlechtlicher Orientierung die wohl größte Gruppe.
Für die Studie wurden den Angaben zufolge 2.000 18-Jährige in Deutschland, Frankreich, den Niederlanden und Polen befragt, die als Kinder regelmäßig Zugang zum Internet hatten. "WeProtect" forderte von Regierungen, neue EU-Rechtsvorschriften voranzubringen, die das Ausmaß von Online-Straftaten begrenzen könnten, sowie auf nationaler Ebene die erforderlichen Mittel bereitzustellen. Insbesondere private Bild- und Video-Verteildienste im Internet sollten stärker reguliert werden.
Die "WeProtect Global Alliance" ist nach eigenen Angaben eine weltweite Bewegung, die mehr als 250 Regierungen, Unternehmen der Privatwirtschaft und Organisationen der Zivilgesellschaft zusammenführt, um Kinder besser gegen sexuelle Ausbeutung im Internet zu schützen. (KNA)