Eine von der Bundesregierung eingesetzte Expertenkommission empfiehlt, Abtreibungen in den ersten zwölf Schwangerschaftswochen zu erlauben. Dass Abtreibungen als grundsätzlich rechtswidrig betrachtet würden, sei zumindest in der Frühphase der Schwangerschaft nicht mehr haltbar, erklärte die Juristin Liane Wörner, die die entsprechende Arbeitsgruppe innerhalb der Kommission leitete, bei der Vorstellung der Empfehlungen am Montag in Berlin.
Eine Abtreibung ist derzeit in Deutschland grundsätzlich rechtswidrig. Sie bleibt jedoch straffrei, wenn sie in den ersten zwölf Wochen vorgenommen wird und die schwangere Frau sich zuvor beraten lässt. Ausdrücklich nicht rechtswidrig ist ein Schwangerschaftsabbruch nach einer Vergewaltigung sowie bei Gefahren für das Leben, die körperliche oder seelische Gesundheit der Schwangeren.
Die Kommission unterteilt die Schwangerschaft in drei Phasen: Demnach empfiehlt das Gremium, eine Abtreibung in der Frühphase, den ersten 12 Wochen, in jedem Fall straffrei zu stellen und als rechtmäßig zu kennzeichnen. Es obliege dem Gesetzgeber, das mit einer Beratungspflicht zu verbinden. In der mittleren Phase, bis zur 22. Woche, könne der Gesetzgeber entscheiden, unter welchen Voraussetzungen ein Abbruch straffrei sein solle. Ab der 22. Woche sei der Abbruch rechtswidrig.
Die Mitglieder der Kommission empfehlen dem Gesetzgeber zudem, die Eizellspende zuzulassen. Eine gesetzliche Grundlage müsse aber sicherstellen, dass der Schutz der Spenderinnen und das Kindeswohl gewährleistet würden. Beim Thema Leihmutterschaft tut sich die Kommission deutlich schwerer. Ein weiteres Verbot sei nachvollziehbar, sagte die zuständige Sprecherin Friederike Wapler. Eine Legalisierung sei aber unter engen rechtlichen Voraussetzungen möglich. Zentral wäre dann, dass eine Ausbeutung der Leihmutter rechtlich verhindert werde.
Die zuständigen Bundesminister, Karl Lauterbach (Gesundheit/SPD), Lisa Paus (Familie/Grüne) und Marco Buschmann (Justiz/FDP) betonten bei der Übergabe der Studie, die Regierung werde sich Zeit nehmen, den über 600 Seiten umfassenden Bericht zu prüfen. Eine Debatte über die Themen dürfe nicht zu einer Spaltung der Gesellschaft führen. Lauterbach räumte ein, dass es konkreten Handlungsbedarf bei der Versorgung mit Kliniken gebe, die eine Abtreibung durchführen könnten. Vor allem in Süddeutschland sei es für ungewollt Schwangere schwierig, in der vorgegebenen Zeit eine Praxis zu finden.
Kritik an den Empfehlungen kam von der Union, den katholischen Bischöfen und von kirchlichen Verbänden.
Zurückhaltend äußerte sich die evangelische Kirche. Sie habe dazu eine Arbeitsgruppe eingesetzt. In einer Anhörung hatte sie allerdings auch ein abgestuftes Lebensschutzkonzept für den Embryo vertreten.
Bislang ist der Schwangerschaftsabbruch im Paragraf 218 des Strafgesetzbuches geregelt, der Abtreibungen als rechtswidrig bezeichnet. Frauen werden aber nicht dafür bestraft, wenn der Eingriff innerhalb der ersten zwölf Schwangerschaftswochen erfolgt und sie sich zuvor haben beraten lassen.