Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) will mit Blick auf den Fachkräftemangel mehr Menschen zur Arbeit aktivieren. "Ungewollte Teilzeit sollten wir überwinden durch bessere Kinderbetreuung. Und warum setzen wir nicht Anreize, damit Menschen länger arbeiten wollen - statt die Rente mit 63 zu finanzieren? Die ist eine Stilllegungsprämie für qualifizierte Beschäftigte", sagte der FDP-Vorsitzende den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Samstag). "Darüber hinaus gibt es Millionen Menschen, die dem Arbeitsmarkt theoretisch zur Verfügung stehen, aber von Sozialleistungen leben. Wir müssen diese Menschen aktivieren, dass sie mindestens mit einem Mini- oder Midi-Job in den Arbeitsmarkt eintreten."
Lindner betonte: "Diskussionen über die Vier-Tage-Woche werden uns nicht dabei helfen, dass wir unser soziales Niveau und unsere Umweltstandards dauerhaft finanzieren können."
Dem Vorschlag des Direktors des Instituts der deutschen Wirtschaft, Michael Hüther, die Wochenarbeitszeit zu verlängern oder den Urlaubsanspruch zu verkürzen, wollte sich der FDP-Chef nicht anschließen: "Das ist Sache der Tarifpartner."
Lindner kritisierte indes die Bemerkung von Steffen Kampeter, Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), es mangele gerade bei Jüngeren an "Bock auf Arbeit". "Die Pauschalierung ist falsch. Auch unter Jüngeren haben wir viele, die wirtschaftlich vorankommen wollen und Lust auf Leistung haben", sagte Lindner.
Die Bundesagentur für Arbeit hatte im Juni mitgeteilt, dass die Zahl der Engpassberufe 2022 kräftig angestiegen sei. In 200 der rund 1.200 bewerteten Berufe sei ein solcher Engpass festgestellt worden. Das seien 52 mehr als im Jahr davor. Mittlerweile würden in jedem sechsten Beruf Fachkräfte knapp.
Zu den beschäftigungsstärksten Engpassberufen zählen der Mitteilung zufolge Pflegeberufe, Berufskraftfahrer, Medizinische Fachangestellte, Bauberufe sowie Berufe in der Kinderbetreuung und der Kraftfahrzeugtechnik. Auf Ebene der Spezialisten und Experten mangle es an Apothekern, Architekten oder IT-Kennern. Im Vergleich zum Vorjahr neu in die Liste aufgenommen worden sind Berufe im Hotel- oder Gastronomieservice, im Metallbau und Busfahrer. (KNA)