Nach einer aktuellen Prognose-Studie im Auftrag des Bundesfamilienministeriums fehlen in deutschen Kitas bis zum Jahr 2025 rund 191.000 Fachkräfte, bis zum Jahr 2030 sogar 199.000. Die Studie, über die die Zeitungen der Funke Mediengruppe (Montag) berichten, analysiert verschiedene Szenarien, wie sich die drohende Fachkräftelücke schließen lassen könnte. Demnach ließen sich 50.000 zusätzliche Schulabgänger für eine Erzieherausbildung gewinnen, wenn es anders als bisher auch in den ersten Ausbildungsjahren eine Vergütung gäbe. Bis zu 49.000 zusätzliche Fachkräfte ließen sich laut der Studie zudem rekrutieren, wenn mehr Menschen aus Zuwandererfamilien in den Kitas Arbeit fänden: Derzeit hätten dort elf Prozent der Fachkräfte einen Migrationshintergrund. Insgesamt liege der Anteil von Beschäftigten mit ausländischen Wurzeln in Deutschland bei 18 Prozent. Potenzial sehen die Forscher laut Studie auch bei der Rekrutierung von Männern: Aktuell liege deren Anteil beim Kita-Personal bundesweit bei knapp sechs Prozent. Ließe sich der Anteil der männlichen Erzieher auf zehn Prozent steigern, hätte das knapp 30.000 zusätzliche Erzieher zur Folge. "Wenn wir die Qualität in den Kitas nachhaltig verbessern und den steigenden Bedarf an Betreuungsplätzen sicherstellen wollen, dann brauchen wir dringend auch mehr gut qualifizierte Erzieherinnen und Erzieher", sagte Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) den Zeitungen. Am Dienstag will sie Details zu einer geplanten Fachkräfteoffensive vorstellen, in deren Rahmen sie den Ländern rund 300 Millionen Euro für Kitas bereitstellen will. Das Geld soll unter anderem dazu verwendet werden, die Erzieherausbildung in Zukunft zu vergüten, um mehr junge Leute für den Beruf zu gewinnen. "Es gibt Interesse an diesem Beruf, aber für zu viele ist er nicht attraktiv genug", so Giffey. "Solange wir keine bessere Bezahlung und Anerkennung erreichen, dürfte sich daran auch nichts ändern." Acht von zehn Deutschen finden es laut einer neuen Allensbach-Umfrage im Auftrag des Bundesfamilienministeriums falsch, dass angehende Erzieher in den ersten Ausbildungsjahren leer ausgehen.
Gerd Landsberg, der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, begrüßt, dass Bundestag und Bundesrat den Weg für das "Gute-Kita-Gesetz" freigemacht haben. Zugleich mahnte er in der "Passauer Neuen Presse" (Samstag), dass eine zeitlich befristete Finanzierung, wie sie in dem Gesetz vorgesehen ist, noch keine dauerhafte Qualität schaffe: "Damit Qualitätsverbesserungen nachhaltig wirken können, muss sich der Bund dauerhaft über das Jahr 2022 hinaus finanziell engagieren." Zudem bestehe "durchaus die Gefahr, dass die Bundesmittel in vielen Länder zur Gebührenbefreiung genutzt werden", warnte der Städte- und Gemeindebunds-Chef: "Wenn zehn von sechzehn Ländern ankündigen, die Mittel zur Entlastung der Eltern bis hin zur kompletten Gebührenbefreiung zu verwenden, ist das ein falsches Signal für unsere Erzieherinnen und Erzieher sowie für die Kinder in unseren Einrichtungen." Nennenswerte Effekte zur Qualitätsverbesserung in Kindertagesstätten wären dann kaum zu erwarten. "Der politische Ansatz, selbst gut verdienende Eltern von den Kindergartengebühren zu befreien, ist falsch", betonte Landsberg: "Das gut gemeinte Gute-Kita-Gesetz läuft Gefahr, von den Ländern zum Stopfen von eigenen Haushaltslöchern missbraucht zu werden."
Der Koalitionskompromiss zum Werbeverbot für Abtreibungen sorgt weiter für kontroverse Diskussionen. Am Wochenende warben Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD), SPD-Vize Malu Dreyer und Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) für den Kompromissvorschlag der Bundesregierung. Heftige Kritik kam dagegen von der Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Frauen (ASF). Im SWR-Interview der Woche sagte Giffey, der Kompromissvorschlag sei das, was möglich sei in dieser Regierungskoalition: "Es war klar, dass niemand von den beiden Partnern 100 Prozent seiner Wünsche erfüllt bekommt. Das ist ja das Wesen eines Kompromisses, auch wenn das manchmal schwer nachzuvollziehen ist." Die Bundesregierung habe zwei Zielsetzungen gehabt, so Giffey weiter. Zum einen solle Frauen in so einer Notlage ein umfassendes Informationsangebot zur Verfügung stehen: ein leichter Zugang zu Informationen über Ärzte, die Abtreibungen vornehmen, und über Behandlungsmethoden. Die zweite Frage sei gewesen: "Wie schaffen wir Rechtssicherheit für Ärzte"? Diese dürften nicht bestraft werden, wenn sie über die Bereitschaft, einen Schwangerschaftsabbruch durchzuführen, informieren. Diese beiden Ziele seien Teil der Einigung, betonte die Ministerin. Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin und SPD-Vize Malu Dreyer erklärte in der "Bild am Sonntag", der Kompromiss sei "absolut okay. Das Hauptanliegen der SPD war, dass Frauen gut informiert werden, Ärzte Rechtssicherheit haben." Sehr wichtig sei auch, "dass die SPD Weiterbildung für Ärzte durchsetzen konnte". Denn es gebe immer weniger für Abtreibungen ausgebildete Frauenärzte. Spahn sagte dem "Focus", die Vorlage werde dem berechtigten Anliegen der Frauen gerecht. Abtreibungen seien aber "kein x-beliebiger Eingriff. Das Werbeverbot muss bleiben." Am Mittwoch hatten Giffey, Spahn und drei weitere Bundesminister von Union und SPD den Kompromissvorschlag vorgelegt. Dieser sieht eine Ergänzung des Paragrafen 219a vor. Werbung für Abtreibungen soll weiter verboten bleiben. Allerdings sollen die Bundesärztekammer und die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung Schwangere künftig in Konfliktsituationen mit Informationsmaterial versorgen. Ein entsprechender Gesetzentwurf soll im Januar vorgelegt werden. Die katholische Kirche sieht in dem Kompromiss einen wichtigen Schritt auf dem Weg zu einer Lösung. Allerdings müsse man die genauen Änderungsvorschläge abwarten. Die wegen Werbung für Abtreibungen verurteilte Ärztin Kristina Hänel übte scharfe Kritik an der SPD. Der Koalitionskompromiss habe "mit Sozialdemokratie gar nichts mehr zu tun". Sie selbst wolle "notfalls bis vor den Europäischen Gerichtshof" ziehen. Auch die Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Frauen (ASF), Maria Noichl, kritisierte den Kompromiss in der "Süddeutschen Zeitung" erneut scharf: "Letztendlich geht es um die Entmachtung der Frauen". Daher könnten die SPD-Frauen niemals zustimmen. (Familienbund der Katholiken/Sascha Nicolai/KNA)