Der Armutsforscher Christoph Butterwegge lehnt eine "Kindergrundsicherung" ab, wie sie von SPD, Grünen und Linkspartei gefordert wird. Das würde eine "Familien- und Sozialpolitik nach dem Gießkannenprinzip" bedeuten, schreibt der Kölner Politikwissenschaftler im "Kölner Stadt-Anzeiger" (Montag). "Kinder sind arm, wenn und weil ihre Eltern arm sind", so der Wissenschaftler. Deshalb dürfe man die Kinder nicht - wie es das Konzept der Kindergrundsicherung vorsehe - aus dem Familienverbund herauslösen, sondern müsse auch ihren Eltern bedarfsdeckende Leistungen zugestehen. "Von einer Kindergrundsicherung würden insbesondere gut verdienende Mittelschichtfamilien profitieren", so Butterwegge weiter. "Umverteilung von oben nach unten!", nicht "Umverteilung von den Kinderlosen zu den Eltern!" müsste seiner Ansicht nach stattdessen die Devise einer gerechteren Familienpolitik lauten. "Besonders ungerecht und schlecht für Arme" nennt der Wissenschaftler die im Konzept der Kindergrundsicherung vorgesehene Pauschalierung von Leistungen. Hierdurch würden alle Minderjährigen über einen Kamm geschoren. Zur gezielten Bekämpfung von Kinderarmut fordert Butterwegge bedarfsgerechte Konzentration staatlicher Ressourcen auf jene, die Unterstützung benötigen, um in Würde leben zu können. "Wohlhabende, Reiche und Hyperreiche müssten keine zusätzlichen Geldmittel erhalten, sondern durch einen höheren Spitzensteuersatz, die Wiedererhebung der Vermögensteuer, eine progressive Ausgestaltung der Kapitalertragsteuer sowie eine konsequentere Besteuerung großer Erbschaften und Schenkungen finanziell stärker in die Pflicht genommen werden."
Die Gewerkschaft Verdi fordert einen bundesweit gültigen Tarifvertrag für die Altenpflege. Er solle einen Stundenlohn von mindestens 16 Euro für Fachkräfte und von 12,84 Euro für Hilfskräfte festlegen, heißt es in einem am Freitagabend in Berlin veröffentlichten Beschluss der zuständigen Tarifkommission. Unterschiedliche Entgelte in Ost und West soll es nicht geben. Unterdessen forderten Unionspolitiker am Samstag in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung", die privaten Zuzahlungen der Pflegebedürftigen in Heimen zu begrenzen und dafür den Zuschuss der Versicherung auszuweiten. Die Deutsche Stiftung Patientenschutz forderte Steuerzuschüsse und eine finanzielle Beteiligung der Krankenkassen. Verdi-Bundesvorstandsmitglied Sylvia Bühler erklärte, Verdi sei bereit für Tarifverhandlungen. "Jetzt sind die Arbeitgeber am Zug." Neben einer besseren Bezahlung fordert die Gewerkschaft einen Urlaubsanspruch von 30 Tagen pro Jahr bei einer Fünf-Tage-Woche. Außerdem soll künftig kein Beschäftigter in Altenpflegeeinrichtungen in einer Schicht allein arbeiten müssen. Der Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste (bpa) kritisierte die Verdi-Forderungen. "Es bleibt bemerkenswert, dass die Verdi, die so gut wie keine Mitglieder unter den Beschäftigten der Altenpflege hat, sich anmaßt, für die ganze Branche zu sprechen", erklärte Arbeitgeberpräsident Rainer Brüderle. "Allgemeinverbindliche Tarife, die eine Minderheit einer Mehrheit aufzwingen will, sind überflüssig." Mit Blick auf eine andere Finanzierung von Heimplätzen sprach die CSU-Gesundheitspolitikerin Emmi Zeulner (CSU) von einem notwendigen Systemwechsel. Im Pflegefall übernimmt bislang die gesetzliche Versicherung nur einen Teil der Kosten. Den Rest müssen der Patient und gegebenenfalls seine Angehörigen selbst aufbringen. "Es kann nicht sein, dass immer mehr Pflegebedürftige in eine pflegebedingte Sozialabhängigkeit rutschen", so die CSU-Politikerin, die der "Jungen Gruppe" von Unionspolitikern angehört. Schon heute beziehe rund ein Drittel der Heimbewohner Sozialhilfe, weil ihr Vermögen und die Rente nicht reichten, um die Eigenanteile zu bezahlen. Sie liegen nach Angaben der Privaten Krankenversicherungen im Schnitt bei 1.800 Euro im Monat. Die Deutsche Stiftung Patientenschutz sprach sich dafür aus, die Finanzierung der Pflege auf neue Füße zu stellen. Vorstand Eugen Brysch forderte im Gespräch mit der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) am Sonntag in Dortmund einen Steuerzuschuss des Bundes für die Pflegeversicherung sowie eine Beteiligung der Krankenversicherung. Letztlich sollte dann die Pflegeversicherung sämtliche Kosten der Pflege abdecken. "Etwas ganz anderes sind die Ausgaben für die Unterbringung, Verpflegung und Abschreibungen der Baukosten. Hier sollte weiterhin jeder selbst entscheiden, welcher Standard gewünscht ist", präzisierte Brysch die finanzielle Beteiligung der Pflegebedürftigen. (Familienbund der Katholiken/Sascha Nicolai/KNA)