Der Entwurf zur Reform des Sexualstrafrechts soll bereits in der kommenden Woche in die Ressortabstimmung der Bundesregierung gehen. Das sagte Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) am Mittwoch in einem Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) in Berlin. Der Entwurf sehe unter anderem eine Strafverschärfung für Täter vor. Auch solle der Begriff "Missbrauch" durch "sexualisierte Gewalt" ersetzt werden. Lambrecht betonte, die Strafverschärfung sei nur ein Teil des Reformpakets. Zugleich mahnte sie, den Verfolgungsdruck zu erhöhen und Ermittler besser auszustatten. Kein Täter dürfe sich mehr sicher fühlen, unentdeckt zu bleiben. Zudem forderte die Ministerin, Familienrichter gezielt fortzubilden, um Anzeichen von Sexualstraftaten besser zu erkennen. Die Dauer des Eintrags einer Tat im Führungszeugnis werde sich durch die Strafverschärfung automatisch verlängern. Mit Blick auf die Debatte über eine Ausweitung der Vorratsdatenspeicherung sprach sie sich dafür aus, die Urteile des Bundesverfassungsgerichts sowie des Europäischen Gerichtshofs abzuwarten. Die im Juni von der Deutschen Bischofskonferenz abgeschlossene Vereinbarung zur strukturellen Aufarbeitung von Missbrauch bezeichnete Lambrecht als "wichtigen Schritt". Dieser drücke aus, "dass man es ernst meint". Sie wünsche sich eine solche Vereinbarung auch für andere Einrichtungen, so die Politikerin. Diese wäre "überall da notwendig, wo die Sorge besteht, dass Strukturen Missbrauch begünstigen könnten". Die katholische Kirche hatte eine solche Vereinbarung als erste Institution abgeschlossen.
Die Strafrechtlerin Tatjana Hörnle hat die geplante Strafverschärfung für Missbrauchstäter kritisiert. Sie könne den Vorschlag fachlich nicht nachvollziehen, erklärte Hörnle in einem Interview der "Tageszeitung" (Dienstag). Schon heute gelte es als "schwerer sexueller Missbrauch" und damit als Verbrechen, wenn der Täter das Kind in die Gefahr einer Schädigung bringe. "Das ist doch Signal genug". Das Justizministerium arbeitet aktuell an einem Gesetzentwurf, sexuellen Missbrauch generell als Verbrechen einzustufen und damit härter zu bestrafen. Bislang gilt nur schwerer sexueller Missbrauch als Verbrechen, ansonsten gilt Missbrauch als Vergehen. Forderungen nach Strafverschärfung kamen nach den großen Missbrauchsfällen von Lügde und Münster zunächst vor allem von der Union. Hörnle betonte weiter, vermutlich klinge der Begriff "Verbrechen" nach schwerem Unrecht und der Begriff "Vergehen" nach einem Kavaliersdelikt. Wenn sich diese Sichtweise durchsetze, bekomme der Gesetzgeber ein großes Problem. Denn in Deutschland seien die meisten Straftaten als Vergehen eingestuft, so etwa auch die Körperverletzung. Sie finde es beunruhigend, dass die Ministerin schon nach wenigen Tagen Trommelfeuer seitens des Koalitionspartners, einiger Medien und einiger Verbände eingeknickt sei. Die Juristin, die seit 2019 Direktorin des Max-Planck-Instituts zur Erforschung von Kriminalität, Sicherheit und Recht in Freiburg ist, bemängelte zudem, dass Justizministerin Christine Lambrecht (SPD) den Begriff "sexuellen Missbrauch" durch "sexualisierte Gewalt gegen Kinder" ersetzen will. Das sei irreführend, so Hörnle. Wer "Gewalt" in die Überschrift schreibe, gebe manipulativen Tätern möglicherweise das Gefühl, das sie nicht gemeint seien. (Familienbund der Katholiken/Sascha Nicolai/KNA)