Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) hat eine EU-Richtlinie zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf begrüßt. "Die Richtlinie ist ein familien- und gleichstellungspolitischer Meilenstein für Europa", sagte Giffey am Mittwoch in Berlin. Sie schaffe bessere Rahmenbedingungen für eine partnerschaftliche Aufteilung der Familienarbeit und stelle einen Fortschritt auf dem Weg zu mehr Gleichstellung in der EU dar. Zudem sei sie ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einem modernen und sozialen Europa. Die Mehrheit der EU-Mitgliedstaaten stimmte der Richtlinie am Mittwoch zu. Ziel ist es, in der gesamten EU die Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf zu verbessern. Konkret soll die Richtlinie für eine gerechtere Aufteilung von Betreuungs- und Pflegeaufgaben zwischen Frauen und Männern sorgen und die Erwerbsbeteiligung insbesondere von Frauen fördern. Konkret einigten sich die Mitgliedsstaaten auf folgende Mindeststandards: So soll es zehn Tage lang eine bezahlte Auszeit für den zweiten Elternteil rund um die Geburt des Kindes geben. Zudem sind dort vier Monate Elternzeit für jeden Elternteil vorgesehen, von denen zwei Monate bezahlt und nicht auf den anderen übertragbar seien. Auch soll es fünf Tage Zeit für Pflege pro Jahr geben. Arbeitnehmer, die Angehörige pflegen oder kleine Kindern haben, sollen das Recht auf flexible Arbeitsregelungen und einen besseren Kündigungsschutz haben. In Deutschland sind Eltern und pflegende Angehörige in der Regel besser gestellt als über die Standards, die die EU-Richtlinie vorgibt.
Das Kabinett hat am Mittwoch den Gesetzentwurf zur Reform des umstrittenen Paragrafen 219a im Strafgesetzbuch verabschiedet. Der Kompromiss der großen Koalition sieht eine Ergänzung des Paragrafen vor, um Schwangeren einen besseren Zugang zu Ärzten zu geben, die eine Abtreibung durchführen. Zugleich sollen die Ärzte eine größere Rechtssicherheit erhalten. Die Werbung für Abtreibung bleibt weiter strafbar. Die Einigung sieht unter anderem vor, dass Ärzte und Krankenhäuser etwa auf ihrer Internetseite darüber informieren dürfen, dass sie Abtreibungen unter den gesetzlichen Voraussetzungen durchführen. Zudem soll die Bundesärztekammer eine Liste der Ärzte und Krankenhäuser erstellen, die Abbrüche durchführen. Diese soll auch die Möglichkeiten und Methoden umfassen und ständig aktualisiert werden. Gegen den Kompromiss zeichnet sich aber offenbar Widerstand aus den Reihen der SPD ab. Die Abgeordnete Hilde Mattheis kündigte ihre Ablehnung im Bundestag an. "Sichtbar wird Politik, wenn man namentlich abstimmt", sagte sie der "Passauer Neuen Presse" (Mittwoch). "Ich habe mich in dieser Frage immer klar positioniert: Politik sollte sich an der Mehrheit ausrichten. Und die Mehrheit sind nun mal Frauen." Die Bundesvorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Frauen (ASF), die Europaabgeordnete Maria Noichl, rechnet mit mehreren Abweichlern in der SPD. Die Reform bedeute nach wie vor "eine Gängelung von Frauen, Ärztinnen und Ärzten. Letztlich ist das eine Gewissensfrage, über die jede Frau und jeder Mann selbst genau entscheiden muss." (Familienbund der Katholiken/Sascha Nicolai/KNA)