Der Familienbund der Katholiken bedankt sich für die Gelegenheit zur Stellungnahme zum aktuellen Referentenentwurf des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Aufgrund der äußerst knappen Rückmeldefrist innerhalb der Ferienzeit ist dem Familienbund leider keine detaillierte Stellungnahme möglich. Es ist ihm jedoch wichtig, zumindest die grundlegende Richtung seiner Bewertung des Gesetzentwurfs zur Weiterentwicklung der Kitaqualität aufzuzeigen.
1. Gute Kitaqualität verbessert Ausgangslage von Kindern
Der Familienbund unterstützt ausdrücklich das Ziel des Gesetzentwurfs, für alle Kinder bis zum Schuleintritt im gesamten Bundesgebiet einen gleichwertigen Zugang zu hoher Qualität in der frühkindlichen Bildung, Erziehung und Betreuung sicherzustellen. Dazu sind aus seiner Sicht gezielte Verbesserungen der Qualität der Kindertagesbetreuung notwendig. Entsprechende Forderungen hat der Familienbund unter anderem mit den in der AGF zusammengeschlossenen Verbänden seit Beginn der Bund-Länder-Gespräche geäußert. Eine hohe Qualität der frühkindlichen Bildung und Betreuung kommt grundsätzlich allen Kindern zugute und legt wichtige Grundlagen für den weiteren Lebensweg. Dieser erschöpft sich jedoch nicht in erfolgreichen Bildungs- und Erwerbsverläufen, sondern sollte die gesamte Persönlichkeitsentwicklung sowie das soziale Miteinander in den Blick nehmen. Eine hohe Qualität bedeutet aus Sicht des Familienbundes auch, unterschiedliche Startbedingungen und Zukunftschancen der Kinder auszugleichen. Sie leistet daher zusätzlich einen wichtigen Beitrag zur Förderung von Chancengerechtigkeit.
2. Priorisierung von Qualitätskriterien mit direkten Auswirkungen auf das Kind
Der Familienbund hat wiederholt die einseitige Konzentration der von den Ländern ergriffenen Maßnahmen auf die Beitragsentlastung kritisiert und vor dieser erwartbaren Prioritätensetzung gewarnt, unter anderem in der Anhörung zum „Gute Kita - Gesetz“ 2017 und seiner eingereichten schriftlichen Stellungnahme. Selbstverständlich dürfen die Kita-Beiträge kein Hindernis beim Zugang zur Betreuung und Bildung für Kinder sein (siehe Punkt 3). Andererseits liegt klar auf der Hand, dass Beitragsreduzierungen keinen Qualitätsgewinn für Kitas darstellen – sondern schlimmstenfalls durch den Wegfall von Mitteln deren Qualität sogar verschlechtern. Ziel des Gesetzes sollte es daher sein, die Qualitätsentwicklung zunächst vor allem dort zu fördern, wo direkte positive Auswirkungen auf die Arbeit mit bzw. am Kind zu erwarten sind und ein bedarfsgerechtes Angebot, aus Perspektive des Kindes wie seiner Familie, bereitgestellt wird. Der Familienbund begrüßt daher die im aktuellen Gesetzesentwurf vorgesehene klarere Prioritätensetzung und die geplante stärkere Rahmensetzung durch den Bund, mit der die Länder verpflichtet werden sollen, Maßnahmen überwiegend in den Handlungsfeldern von vorrangiger Bedeutung zu ergreifen. In Anlehnung an das einst beabsichtigte Qualitätsgesetz sollte geprüft werden, ob nicht auch Mindeststandards für zentrale Qualitätsbereiche definiert werden sollten. Dass die Beitragsreduzierung mit dem vorgelegten Entwurf ab 2023 nicht mehr als qualitätssteigernde Maßnahme deklariert werden kann, begrüßt der Familienbund ausdrücklich, zumal in einigen Fällen der Eindruck entstand, dass von den Ländern ohnehin geplante Beitragsreduzierungen auf diese Weise durch Bundesmittel finanziert wurden. Der Familienbund weist allerdings darauf hin, dass im Auge behalten werden muss, ob die vom Wegfall dieser Möglichkeit betroffenen Länder zwecks dann nötiger Eigenfinanzierung Kürzungen bei anderen Kita-, Bildungs- oder familienrelevanten Ausgaben vornehmen werden. Vor diesem Hintergrund hält es der Familienbund für äußerst begrüßenswert, dass nun vorrangig bedarfsorientierte und personalbezogene Maßnahmen wie ein besserer Fachkraft-Kind-Schlüssel, eine intensivere Fachkräftegewinnung sowie die Stärkung der Leitung gefördert werden sollen. Die Aufnahme der Förderung der sprachlichen Bildung in die Handlungsfelder mit vorrangiger Bedeutung bewertet der Familienbund positiv, kann allerdings vor diesem Hintergrund noch weniger nachvollziehen, weshalb gleichzeitig das erfolgreiche Programm der Sprach-Kitas nach 2022 nicht fortgesetzt wird. Grundsätzlich plädiert der Familienbund dafür, die Länder zu einer Analyse der aktuellen Ausgangslage anhand einheitlicher Kriterien sowie zu einer veröffentlichten Evaluation zur Wirksamkeit der getroffenen Maßnahmen mit Blick auf die Qualitätsverbesserung anzuregen. Basierend auf ähnlichen Vorschlägen der Ständigen Wissenschaftlichen Kommission der Kultusministerkonferenz (SWK) für die Schulen nach Corona wäre auf diese Weise auch im Kitabereich eine gewisse bundesweite Vergleichbarkeit trotz unterschiedlicher Ausgangsbedingungen und Maßnahmen sowie eine zielorientierte Bewertung von Erfolg oder Misserfolg getroffener Maßnahmen gerade auch seitens der Familien möglich. Bei der Analyse der Ausgangslage sollten weiterhin wissenschaftliche Standards die Grundlage bilden, allerdings ergänzt durch die ermittelten Bedarfe der Familien vor Ort.
3. Verbindliche Vorgaben zur Staffelung der Beiträge
Mit Blick auf die nötige erhebliche Qualitätsverbesserung sieht der Familienbund zum gegenwärtigen Zeitpunkt eine konsequent an der Leistungsfähigkeit der Eltern orientierte Staffelung als zielführender an als eine generelle Beitragsfreiheit für alle, die möglicherweise die qualitative Verbesserung der Betreuung und Bildung untergräbt. Er unterstützt daher die geplante stärkere Ausrichtung der Beiträge am Einkommen der Eltern, an der Zahl der kindergeldberechtigten Kinder in der Familie sowie der täglichen Betreuungszeit. Aus Sicht des Familienbundes sollte das Gesetz jedoch deutlich stärker als im Entwurf vorgesehen darauf hinwirken, dass vor allem das Einkommen zentrales Staffelungskriterium ist und die finanziellen Verhältnisse möglichst kleinschrittig berücksichtigt werden müssen, um für mehr soziale Gerechtigkeit zu sorgen. Ergänzend wäre eine Staffelungstabelle als Richtwert für die Länder seitens des Familienbunds wünschenswert. Auch wenn die kostenbildenden Gegebenheiten in den Ländern variieren, was zu regional unterschiedlichen Beitragshöhen führt, wäre aus Perspektive der Familien eine größere Einheitlichkeit bei der Ermittlung der Beiträge erstrebenswert. Gerade angesichts der aktuellen wirtschaftlichen Situation und der Ziele von Chancengleichheit und Teilhabe muss dringend vermieden werden, dass der Besuch einer Kita vom Geldbeutel der Eltern abhängt. Der Familienbund befürwortet daher langfristig eine kostenfreie Kitabetreuung.
Berlin, 18.08.2022
Familienbund der Katholiken (Bundesverband)